In eigener Sache
von Fredrik Pachla
Nach dem frühen Krebstod meines Vaters 1982 war es mir ein persönliches Anliegen, meines Vaters Leistungen auf dem Marimba – Xylophon einem größeren Kreis bekannt zu machen. Da er eine Karriere mit Höhepunkten und vielen schweren Phasen durchstehen musste, wollte ich auch eine seiner ganz besonderen Enttäuschungen versuchen wieder gutzumachen:
1967, nach den Konzerten mit den Nürnberger Symphonikern, als er das Milhaud Konzert erstmalig aufgeführt hatte, bestand eine (leider nur) mündliche Zusage, dieses nach den Konzerten in einer Schallplatten Produktion aufzunehmen. Da die Konzertfassung von Porgy and Bess vorher aufgenommen wurde und dieses so lange dauerte, bis der Dirigent Franz Allers wegen anderer Termine für eine ganze Produktion nicht mehr bleiben konnte, wurde meinem Vater als Trostpflaster ein Durchlauf als Mitschnitt ohne Unterbrechung, mit inzwischen müden Orchestermusikern und durch die lange Wartezeit für ihn nicht idealen Bedingungen gewährt. Das Ergebnis war nach meines Vaters Meinung längst nicht so gut wie bei den Konzerten und er hat das Band erst viele Jahre später angehört und es dann doch noch als in vieler Hinsicht befriedigend akzeptieren können.
Eine professionelle Produktion des Konzertes von Milhaud wäre zum damaligen Zeitpunkt eine Premiere als Schallplatteaufnahme gewesen und hätte sicherlich größte Aufmerksamkeit bei jungen Musikern hervorgerufen. So versuchte ich dies wenigstens posthum zu korrigieren. Zusammen mit seiner BR Produktion des Concertinos von Paul Creston von 1965 und der Studioaufnahme seiner Etüden von 1981 hatte ich genügend Material für eine erste Schallplatte. Hierbei musste ich neben den Ausgaben für die Produktion natürlich auch die Rechte für diesen „Livemitschnitt“ erwerben und mein Vater hätte sich sozusagen im Grabe herumgedreht, wenn er noch erlebt hätte, dass die Nürnberger Schallplattenfirma trotz besagter Vorgeschichte hier für die Abtretung der Rechte bei beschränkter Stückzahl ein vielfaches verlangte im Vergleich dazu, was der Bayerische Rundfunk für die entsprechenden Rechte am Concertino von Paul Creston forderte. Auch ließen sie keine Bereitschaft erkennen, diese Produktion trotz meiner Finanzierung selbst zu übernehmen. Die langen Jahre guter Zusammenarbeit waren mit dem Tode meines Vaters wohl auch sofort vergessen.
Ich ließ mich nicht davon abschrecken. Meine Mutter Lia Pachla hatte mit dem Verkauf des Musser Marimba den finanziellen Grundstein gelegt und so entstand die Aulos LP.
Nach Fertigstellung nahm ich schriftlich Kontakt auf zu vielen in- und ausländischen Schlagzeugern, und zu Musikakademien und Bibliotheken. Ich konnte Schlagzeuger von mehreren amerikanischen und europäischen Spitzen-Orchestern bei mir vor Ort in der Beethovenhalle Bonn treffen oder suchte manche auch direkt auf in Antwerpen, Amsterdam, Brüssel, London, Paris und den Skandinavischen Hauptstädten, sowie in vielen deutschen Musikhochschulen und Orchester. Selbst wenn mir nicht immer alle zur Verfügung gestellten LPs bezahlt wurden, wusste ich sie jedoch am richtigen Ort.
Die Publikationen der Noten und die Schallplatte fanden vielseitiges Interesse und der offizielle Verkauf bei Aulos war auch sehr zufriedenstellend. Über lange Jahre war übrigens das Concertino von Paul Creston, soviel ich weiß, auf keiner anderen Schallplatte und CD weltweit zu hören.
Mein ursprüngliches Vorhaben, eine 2. Schallplatte mit den Stücken aus der Varietézeit zu produzieren, habe ich zugegebener Weise immer mehr hinausgezögert. Die rechtlichen Probleme bei so vielen unterschiedlichen Einzelstücken schienen sehr zeitaufwendig. Schließlich war inzwischen eine Umstellung von LP auf CD erfolgt. Deshalb überspielte ich das in unserem Besitz befindlichen Tonbandmaterial und archivierte alles auf DAT Band. Als der Eiserne Vorhang fiel und damit Kontakte zur alten Heimat meiner Eltern erleichtert wurden, wurde bei Eesti Raadio auch eine Sendung zum 80. Geburtstag meines Vaters 1993 mit Aufnahmen von meinem DAT Band und der Schallplattenproduktion gesendet. Für den estnischen Briefwechsel half mir meine Mutter und außerdem reiste sie für ein Live Interview nach Tallinn.
Für eine CD waren nun zwar bessere Voraussetzungen geschaffen worden durch dieses DAT Band, aber es blieb nur leider beim Vorhaben da ich auch meine Zeit verstärkt für eigene berufliche Zielsetzungen nutzen wollte. Als es nun auf den 25. Todestag zuging, war inzwischen das Zeitalter des Internets bei mir gelandet und mit einer Website wollte ich seinem Andenken besser dienen, ohne die Zielsetzung einer CD Produktion seiner von mir archivierten Aufnahmen ganz aus den Augen zu verlieren.. Leider musste ich am 26.7.2007 (trotz ihrer nahezu 91 Jahre) den unerwarteten Tod meiner Mutter (geb. 30.10.1916, Pärnu) beklagen. Es ist ein schwerer Verlust und meine Vorbereitungen für diese Website haben darunter gelitten. Obwohl mein Vater in seinen letzten Jahren für die Familie über 300 Schreibmaschinen Seiten Memoiren geschrieben hatte, wurde mir jetzt außerdem bewusst, wie sehr ich sie auch als Zeitzeugin und als Dolmetscherin für estnische Texte verloren hatte.
Sowohl meinem Vater wie meiner Mutter, die ihm durch alle Höhen und Tiefen seiner Karriere beigestanden und ihn begleitet hatte und gleichzeitig eine geschätze Klavierlehrerin war, bin ich u.a. besonders dankbar für ihre aufopferungsbereite Unterstützung für meine Ausbildung und mein Violinstudium in Köln und New York. Sie mussten hierfür zeitweise sehr bescheiden und verzichtsbereit sein.
Mit großer Dankbarkeit und Verehrung
Fredrik Pachla